„Vor vier Wochen sind wir live gegangen, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben alles, aber wir haben so vieles nicht bedacht“:

  • Die Aufgaben sind noch nicht richtig verteilt.
  • Die Prozesse kommen immer wieder ins Stocken, weil der Ablauf nicht richtig klar ist und niemand den vollständigen Überblick hat.
  • Die Rückabwicklungen nehmen extrem viel Zeit in Anspruch.
  • Es zeigen sich so viele kleine Prozesslücken, an die wir nicht gedacht hatten und die wir jetzt schnellstens schließen müssen.
  • Bei den Stammdaten müssen wir noch einiges nachpflegen, das haben wir unterschätzt.
  • Die konsequente Integration zwischen Menge und Wert haben wir unterschätzt, der erste Monatsabschluss war mit vielen Unsicherheiten behaftet.

Sätze wie diese sind keine Seltenheit bei der Einführung von ERP-Systemen. Sehr oft ist allen Beteiligten nicht bewusst, wie viel Zeit, Kraft und Know-how ein solches Mammut-Projekt in Anspruch nimmt. Und wie denn auch? Es ist nicht die Kernkompetenz der Unternehmen, IT-Systeme einzuführen. Viele machen solche großen Veränderungen nur einmal in ihrer Laufbahn durch. Aus diesem Grund ist es klar, dass den Beteiligten die wichtigen Bestandteile einer ERP-Einführung nicht in vollem Umfang präsent sind und schnell vergessen oder lückenhaft ausgeführt werden. Drei typische Fehlerquellen sind Fehler oder Lücken im Scope-Management, im Projekt-Informationsmanagement und im Changemanagement.

Zum Projekt-Scope-Management gehören alle notwendigen Tätigkeiten, die sicherstellen, dass das Projekt alle wesentlichen Aufgaben und nur diese inkludiert, um das Projekt erfolgreich abzuschließen. Letztlich geht es darum, Inhalt und Umfang des Projekts zu planen, zu definieren, zu verifizieren und zu steuern.

Projekt-Informationsmanagement ist das Managen aller vorhandenen und entstehenden Informationen im Projekt. Die Hauptaufgabe besteht darin, einen sauberen Informationsfluss im Projekt sicherzustellen, sodass die wesentlichen Informationen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort in der richtigen Qualität und dem richtigen Umfang den richtigen Personen zur Verfügung stehen.

Das Changemanagement im ERP-Projekt hat dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten im Unternehmens, die letztlich die Veränderung tragen und ausführen müssen, mitgenommen werden. Ziel ist es, dass Blockaden frühzeitig erkannt und mit speziellen Maßnahmen verhindert werden. Gleichzeitig befähigt ein passgenaues Changemanagement die Führungskräfte im Unternehmen, ihre Mitarbeitenden durch den Wandel hindurchzuführen.

Diese drei Erfolgsfaktoren sind entscheidend und müssen frühzeitig bedacht, mit den richtigen Personen besetzt und aufgebaut werden. Denn die Ursachen, die Projekte verzögern oder sogar scheitern lassen, beginnen meist bereits vor dem Projekt. Bevor ein Projekt überhaupt starten kann, ist ein Strauß an Vorarbeit nötig, der weder unterschätzt noch vergessen werden darf.

Zunächst ist es entscheidend, das passende ERP-System und entsprechende Implementierungspartner auszuwählen. Dies kann nur vonstattengehen, wenn der gesamte Projekt-Scope bekannt ist. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, eine IST-Aufnahme des heutigen Unternehmens mit all seinen Prozessen vorzunehmen, wenn nötig Optimierungen umzusetzen und das SOLL zu definieren. Durch diese Vorarbeit kann gezielt eine Anbieterauswahl gestartet werden, indem eine detaillierte Ausschreibung verfasst und dadurch vergleichbare Angebote eingeholt werden können.

Darüber hinaus ermöglicht die Vorarbeit, dass direkt ein geeignetes und funktionsfähiges Projektteam geformt werden kann. Durch den klar formulierten Scope haben die Projektbeteiligten direkt vor Augen, welche Anforderungen an das System gestellt werden. Damit wird die Entscheidungsfindung für das System und den Implementierungspartner deutlich erleichtert.

Ein weiterer Vorteil der Vorarbeit ist, dass böse Überraschungen im Projekt durch vergessene Prozesse oder Teilprozesse fast vollständig vermieden werden können. Das minimiert Verzögerungen und andere Risiken wie Frustration und Demotivation der Projektmitarbeitenden.

In einem zweiten Schritt ist es unbedingt notwendig, vor dem Projekt ein ganzheitliches Projekt-Informationsmanagement aufzubauen, damit die große Anzahl an Daten, die besonders während der Vorarbeit entstehen, protokolliert wird. Je früher man geeignete Strukturen für diese Aufgabe hat, desto schneller kann man in das Projekt einsteigen. Gleichzeitig sorgt man mit der umfassenden Transparenz für Vertrauen bei den Stakeholdern.

Schließlich sollte bereits vor dem Projekt umfassend sowie transparent in das Unternehmen kommuniziert werden, welche Veränderungen anstehen. Dies kann jedoch nur passieren, wenn das IST aufgenommen und das SOLL definiert wurden und dadurch Veränderungen abgeleitet werden können. Bereits in der Vor-Phase des Projekts legt man den Grundstein für das Changemanagement im Projekt.